ABGESCHOBEN NACH AFGHANISTAN

MDR exakt  |  von Carina Huppertz & Albrecht Radon

Vor drei Wochen lebte Sardar Vali Sadozai noch in Wurzen. Jetzt ist er in Kabul, in Afghanistan. Er ist einer der 69 Afghanen, die am Geburtstag von Innenminister Horst Seehofer abgeschoben wurden – und Opfer einer veränderten Abschiebepolitik.

Sadar Sadozai war vor den Taliban nach Deutschland geflüchtet, doch sein Asylantrag wurde abgelehnt. Dass er in Kabul verfolgt würde, sei nicht glaubwürdig. Bis vor kurzem durften afghanische Flüchtlinge wie er trotzdem in Deutschland bleiben, weil die Lage in ihrer Heimat als zu gefährlich galt. Nur Straftäter, sogenannte Gefährder und Identitätsverweigerer wurden abgeschoben – und selbst das war umstritten.

Auch im neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes wird die Sicherheitslage vor Ort als schwierig eingestuft: »Eine Bedrohung für Leib und Leben von Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen […] Selbstmordanschlägen und […] Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.« Trotzdem dürfen nun wieder alle Personengruppen nach Afghanistan abgeschoben werden. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte nach der Innenministerkonferenz, dass jedes Bundesland selbst entscheiden könne, wie es die »Afghanistan-Frage« handhabe. »Wir als Bundesregierung halten eine generelle Abschiebung nach Afghanistan wieder für möglich.«

Sachsen hat sich dafür entschieden, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern auch. Insgesamt gab es in Afghanistan im ersten Halbjahr 2018 schon fast 1.700 Tote – die höchste Zahl seit Beginn der Zählung in 2009. Warum das sächsische Innenministerium sich trotz des Lageberichts für Abschiebungen entscheidet, will es MDR exakt nicht sagen.

Erstausstrahlung: 25. Juli 2018, MDR | Autoren: Carina Huppertz, Albrecht Radon | Kamera: Torsten Backofen, Christian Werner | Schnitt: Mirko Wand | Redaktion: Anja Riediger